Globale Lieferketten
Sorgfaltspflicht von Unternehmen gesetzlich verankernDerzeit laufen in vielen europäischen Ländern Diskussionen über Lieferkettengesetzte, auch der Europäische Rat hat diese Woche die Mitgliedstaaten und die Kommission aufgefordert, Menschenrechte in globalen Lieferketten sowie menschenwürdige Arbeit weltweit mehr zu fördern.
Die Wirtschaft hat eine Verantwortung, die Menschenrechte zu achten. Die UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte (UN Guiding Principles on Business and Human Rights, UNGPs) legen die Verantwortung der Unternehmen für die Achtung der Menschenrechte fest und werden im Juni 2021 bereits 10 Jahre alt. Sie sind weithin anerkannt und werden zunehmend in nationales Recht übernommen. Die Verankerung der Achtung der Menschenrechte in den Unternehmensabläufen und Geschäftsbeziehungen ist der effektivste Weg, um zu vermeiden, dass Menschen Schaden zugefügt wird, und um vertrauensvolle Beziehungen zu den Gemeinschaften und Interessengruppen aufzubauen, auf die sich die Wirtschaft stützt.
Derzeit laufen in vielen europäischen Ländern Diskussionen über Lieferkettengesetzte, auch der Europäische Rat hat diese Woche die Mitgliedstaaten und die Kommission aufgefordert, Menschenrechte in globalen Lieferketten sowie menschenwürdige Arbeit weltweit mehr zu fördern.
Demnach soll die Kommission, bis 2021 einen EU-Aktionsplan auf den Weg zu bringen, dessen Schwerpunkt auf der nachhaltigen Gestaltung globaler Lieferketten und auf der Förderung von Menschenrechten, von Standards für die soziale und ökologische Sorgfaltspflicht sowie von Transparenz liegt. Dazu gehört auch die Aufforderung an die Kommission, einen Vorschlag für einen EU-Rechtsrahmen für eine nachhaltige Unternehmensführung vorzulegen, einschließlich branchenübergreifender Sorgfaltspflichten von Unternehmen entlang der globalen Lieferketten. Darüber hinaus fordert der Rat die Kommission auf, ihre Mitteilung aus dem Jahr 2006 mit dem Titel „Menschenwürdige Arbeit für alle fördern – der Beitrag der EU zur weltweiten Umsetzung der Agenda für menschenwürdige Arbeit“ zu aktualisieren.
In Österreich wurde 2018 ein Vorschlag für ein »Sozialverantwortungsgesetz« eingebracht. Ein neuer Entwurf wurde im Mai 2020 eingeführt und hat zum Ziel, das Inverkehrbringen und den Vertrieb von Produkten bei denen es entlang den Produktions- und Lieferketten zu Verstößen gegen das Zwangs-und Kinderarbeitsverbot kommt, zu verhindern. Geplante Sektoren sind Bekleidung- und Schuhhersteller, betroffen wären die Zulieferer und Händler. Geplante Maßnahmen sind die Prüfung der Sorgfaltspflicht des Importeurs und des Händlers offenzulegen.
Auch andere Länder bereiten derzeit Gesetzesentwürfe vor, hier eine kurze Übersicht:
Deutschland: Laut ersten Vorschlägen soll ein Gesetz auf große Unternehmen die in Deutschland ansässig oder geschäftstätig sind, sowie KMUs dessen Geschäftstätigkeit besondere Risiken für Menschenrechte, Arbeitnehmerbelange und die Umwelt birgt, anwendbar sein. Dabei soll es über reine Berichterstattung hinausgehen und Unternehmen dazu verpflichten, menschenrechtliche Sorgfaltsprüfungen durchzuführen.
Schweiz: Am 29. November stimmte die Schweizer Bevölkerung über die »Konzernverantwortungsinitiative« ab. Die Initiative forderte, dass Schweizer Unternehmen prüfen, ob im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit die international anerkannten Menschenrechte und Umweltstandards auch im Ausland eingehalten werden. Dabei müssten sie nicht nur ihre eigene, sondern auch die Tätigkeit ihrer Tochterunternehmen, Zulieferer und Geschäftspartner überprüfen. Zudem sollten Schweizer Unternehmen neu auch für Schäden haften, die von ihnen kontrollierte Unternehmen verursachen.
Die Konzernverantwortungsinitiative wurde abgelehnt. Damit tritt automatisch der Gegenvorschlag des Bundesrates in Kraft. Der Gegenvorschlag nimmt das Anliegen der Initiative auf und führt ebenfalls neue Pflichten zur Berichterstattung und Sorgfaltsprüfung ein. Im Gegensatz zur Initiative ist die Regulierung jedoch international abgestimmt. Große Schweizer Unternehmen werden gesetzlich verpflichtet, über die Risiken ihrer ausländischen Geschäftstätigkeit für Mensch und Umwelt, über Korruption und über die dagegen ergriffenen Maßnahmen Bericht zu erstatten und damit Transparenz zu schaffen. In den sensiblen Bereichen der Kinderarbeit und der Konfliktmineralien müssen grundsätzlich alle Unternehmen weitgehende Sorgfaltsprüfungspflichten einhalten. Anders als die Initiative verzichtet der indirekte Gegenvorschlag auf zusätzliche Haftungsregeln. Tochterunternehmen und wirtschaftlich abhängige Zulieferer werden für Schäden, die sie verursachen, weiterhin selber und in der Regel vor Ort nach dem dort geltenden Recht haften. Hingegen sieht der Gegenvorschlag eine Strafbestimmung vor: Wer gegen die neuen Berichterstattungspflichten verstößt, wird mit einer Busse von bis zu 100 000 Franken bestraft.
Der Gegenvorschlag muss allerdings noch vom Bundesrat angenommen werden und könnte im Jahr 2024 in Kraft treten.
Das deutsche Sorgfaltspflichtengesetz und die Schweizer Konzernverantwortungsinitiative weisen Ähnlichkeiten auf und scheinen die EU-Richtlinie zur unternehmerischen Sorgfaltspflicht in Bezug auf Menschenrechte und Umwelt richtungsweisend zu beeinflussen.
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