Vielfalt im Unternehmen

Gender, Diversität und Inklusion

In Unternehmen auf der ganzen Welt gewinnen Werte wie Diversität und Inklusion immer mehr an Bedeutung. Es geht um Fairness und das Firmenimage, vor allem aber um Produktivität: Divers zusammengesetzte Teams, was Geschlecht, Hautfarbe, Herkunft und sexuelle Orientierung anbelangt, sind kreativer, innovativer und oft auch effizienter. Doch die gelebte Realität ist oft noch ernüchternd. Studien zeigen, wo es noch Verbesserungspotenzial gibt.

Das Thema Diversity ist im beruflichen Kontext für viele Firmen aktuell ein wichtiges Thema – nicht nur, um als Arbeitgeber attraktiver zu sein für die begehrten Fachkräfte. Sondern auch, weil Vielfalt ein wichtiger Faktor für den wirtschaftlichen Erfolg ist, wie inzwischen zahlreiche Studien bestätigen. So haben vielfältige Unternehmen laut einer internationalen Analyse von McKinsey eine um 25 Prozent und damit signifikant größere Wahrscheinlichkeit, überdurchschnittlich profitabel zu sein.

Wenig divers

Doch wie ist es aktuell tatsächlich um die Vielfalt auf dem Arbeitsmarkt bestellt? Wie ist der Status quo für ein vorurteilsfreies Miteinander in Büros, Fabrikhallen und anderen Arbeitsstätten im Land? Mit dieser Frage hat sich das Marktforschungsinstitut Karmasin im Auftrag des Consultingunternehmens Ward Howell beschäftigt. Dazu wurden 300 österreichische Unternehmen befragt.

Ein zentrales Ergebnis dabei war, dass diverse Teams zwar international als wichtiger Wettbewerbsvorteil erachtet werden, in Österreich jedoch nur knapp jedes zweite Unternehmen davon ableitend wirtschaftliche Vorteile sieht. Knapp ein Drittel verfolgt den Ansatz der Diversität und Inklusion, weil es Eigentümer:innen, Investor:innen und andere Stakeholder:innen verlangen. Nur ein Prozent sieht eine Notwendigkeit darin, soziale Verantwortung zu übernehmen.

Laut dem BCG Gender Diversity Index Austria 2020 belegt Österreich unter den EU-27-Staaten beim Frauenanteil im Vorstand mit Platz 26 den vorletzten Rang. Denn der Frauenanteil im Management liegt bei den befragten Unternehmen bei 34 Prozent, also weit unter der Hälfte des gesamten Führungsteams.

Handlungsbedarf

Das Thema Diversität ist in den Fokus gerückt, doch erst rund 20% der Unternehmen haben konkrete Maßnahmen und Umsetzungsschritte gesetzt. Hervorzuheben ist hier allerdings, dass vor allem Klein- und Mittelbetriebe sich intensiv damit beschäftigen. So gaben 60 % der Befragten an, ihren Mitarbeiter:innen flexible Arbeitszeiten zu gewährleisten, für 46% gehört auch das Home Office auch nach dem Pandemie dazu, dies kommt vor allem berufstätigen Eltern zu Gute. Mit dem Thema Inklusion beschäftigen sich weniger Unternehmen, dennoch stellen rund 49 Prozent einen Behindertenparkplätz zur Verfügung.

Weitere Angebote, wie beispielsweise Sprachkurse, bieten 29 Prozent, ein angepasstes Angebot in der Betriebsküche rund 34 Prozent und ein transparentes Entlohnungssystem 30 Prozent der Befragten an. Die Umsetzung zahlreicher weiterer möglicher Maßnahmen, wie das Einrichten eines eigenen Betriebskindergartens oder anderer Betreuungsmöglichkeiten, eines Diversity-Managements, einer Gleichbehandlungsstelle oder interner Netzwerke sowie die Vergütung von Zuschüssen zur Elternkarenz oder Kinderbetreuung vollziehen weniger als zehn Prozent. Auffällig dabei ist, dass weniger als die Hälfte der Unternehmen die gesetzten Initiativen nach außen kommunizieren.

Wie wichtig Maßnahmen sind, zeigen Befragungen von Arbeitnehmer:innen im Rahmen der Studie Why the First Year Matters for LGBTQ+ Employees von BCG: Fast ein Viertel der LGBTQI-Personen empfinden ihr Outing am Arbeitsplatz immer noch als Nachteil, unter allen Beschäftigten ist es knapp ein Fünftel. Zu diesem Ergebnis kommt eine Befragung der Unternehmensberatung Boston Consulting Group unter 8.800 Personen in 19 Ländern weltweit, darunter auch mehr als 230 Personen in Österreich. Befragt wurden sowohl Personen der LGBTQI-Community als auch Beschäftigte, die nicht dieser Gruppe angehören. Insgesamt denken mehr als die Hälfte der Befragten, ein Outing habe weder einen negativen noch einen positiven Einfluss auf die Arbeit. Die Hälfte der LGBTQI-Personen in Österreich hat bereits Diskriminierung am Arbeitsplatz erlebt. Die Diskriminierungserfahrungen spielen sich dabei häufig auf der sozialen Ebene ab, zum Beispiel in Form von diskriminierenden Aussagen (28 Prozent), Ausgrenzung (11 Prozent) oder Mobbing (8 Prozent).

Fehlendes Bewusstsein

Rund 62% der befragten Unternehmen aus Österreich gaben an keine Projekte, Initiativen und/oder Maßnahmen zu Diversity & Inclusion eingeleitet oder umgesetzt zu haben. Interessant hierbei ist, dass rund 86% der befragten Unternehmen angaben, eine Strategie zu Umweltthemen gesetzt zu haben, gefolgt von Diversity-Themen mit 72%. Themen der Inklusion sind mit lediglich 51% vertreten. Österreich ist das Land in Europa, in dem die meisten der befragten Unternehmen über keine Strategie zu Diversity & Inklusion verfügen (57 Prozent) und nur acht Prozent setzen Schritte, um dies zu ändern. Demnach fehlt es hier an Bewusstsein, Diversity & Inklusion als nachhaltige Unternehmensstrategie anzuerkennen. Ein Grund dafür könnte sein, dass viele Maßnahmen unbekannt sind. Bekannt sind demnach meistens nur flexible Arbeitszeiten, Homeoffice und Behindertenparkplätze.

Durch den gesellschaftlichen Fokus auf den Themen Gender, Diversität und Inklusion entsteht ein öffentlicher Druck, der dazu führt, dass Unternehmen sich damit auseinandersetzen müssen. Die Daten zeigen, dass viele Unternehmen enormen Aufholbedarf haben und es bisher für sozialen Themen selten eine interne Entwicklungsstrategie gab.

Magdalena Christandl

Project Officer Human Rights, Labour & Gender

Entwicklungspotential

Um langfristig Erfolge zu verzeichnen, braucht es vor allem konkrete und nachhaltige Maßnahmen. Dazu sei es ratsam, das Konzept konsequent in die Unternehmensstrategie einzubetten und Informationssysteme zu implementieren, die ein effektives Management ermöglichen.

Um Unternehmen zu unterstützen die Gleichstellung der Geschlechter voranzutreiben bietet der UN Global Compact das Target Gender Equality Programm an. Im Rahmen dessen, können Unternehmen ihren Status Quo erheben und aufbauend darauf Ziele und Maßnahmen setzen. Mehr zur Umsetzung der Programmes in Österreich durch das GCNA erfahren Sie hier.

Der UN Global Compact hat im September das UN LGBTIQ+ Standards Gap Analysis Tool veröffentlicht und unterstützt die Privatwirtschaft bei der Umsetzung der UN-Verhaltensstandards für Unternehmen, um die Diskriminierung von lesbischen, schwulen, bi, trans, intersexuellen und queeren Menschen am Arbeitsplatz und darüber hinaus zu bekämpfen. Das LGBTIQ+ Tool besteht aus einer Lückenanalysemethode und einem Fragebogen und wird durch ein Punktesystem und Empfehlungen zur Schließung von Lücken und zur Stärkung von Richtlinien, Prozessen und Methoden zur Gewährleistung der LGBTIQ+-Inklusion unterstützt. Es ist kostenlos, benutzerfreundlich, offen für alle und streng vertraulich. Zum LGBTIQ+ Tool.