Nachbericht: Peer Learning Group Diversity, Equity & Inclusion

Die Peer Learning Group Diversity, Equity & Inclusion des UN Global Compact Network Austria brachte von April – Juni Vertreter:innen von 16 Unternehmen in vier Online Sessions zusammen. Durch den aktiven Austausch untereinander und mit Expert:innen sowie einer Wertschätzung für unterschiedliche Perspektiven wurde ein Rahmen geschaffen, in dem die Teilnehmer:innen ihre Ideen und Prozesse im Bereich DEI in der Arbeitswelt erweitern und vorantreiben konnten. 

DEI (Diversity, Equity & Inclusion) Strategien in Unternehmen bringen Menschen unterschiedlichen Geschlechts, Herkunft, Alters, Beeinträchtigung, Weltanschauung und sexueller Orientierung zusammen. Darüber hinaus berücksichtigen sie verschiedene Bedürfnisse und Voraussetzungen, garantieren Chancengleichheit und schaffen ein inklusives Arbeitsumfeld, in dem sich jede:r willkommen und geschätzt fühlt. DEI Strategien sind somit elementar für die Einhaltung von Menschenrechten und dem Erreichen der Sustainable Development Goals (SDGs).  

Für die Unternehmen selbst hat die Förderung von DEI viele Vorteile:  

  • Vielseitige Perspektiven, Sprachen und Erfahrungen geben Raum für Kreativität und fördern die Innovationskraft von Unternehmen. 
  • Wenn Mitarbeiter:innen sich repräsentiert fühlen, wird ihre Verbindung zum Unternehmen gestärkt, was zu einem besseren Arbeitsklima und einer längeren Verweildauer beiträgt. 
  • Ein vielseitiges Unternehmensimage ist nicht nur für Bewerber:innen, sondern auch für neue Geschäftspartner:innen und Kund:innen attraktiv, wodurch neue Märkte leichter erschlossen werden können. 

Doch wovon sprechen wir genau, wenn es um DEI geht und wie können wir strategische Überlegungen zur Förderung von Vielfalt im Geschäftskontext anregen? Diesen Fragen widmeten wir uns gemeinsam mit Rebecca Caric vom Diversity Think Tank in unserer ersten Session zum Thema Demystifying Diversity, Equity & Inclusion. 

Diversität kann mit den Begriffen Vielfalt oder Vielfältigkeit übersetzt werden und umfasst die Betrachtung der Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Menschen und Gruppen auf persönlicher, sozialer und struktureller Ebene. Die Kerndimensionen von Diversität sind Geschlecht, Behinderung, Religion/Weltanschauung, ethnische Zugehörigkeit, Alter und sexuelle Orientierung. Die Förderung von Vielfalt wirkt somit Diskriminierung entgegen, wie es auch in Art. 7 des österreichischen Bundesverfassungsgesetzes und Art. 1 und 2 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte propagiert wird.

Equity meint Gleichberechtigung und hebt sich bewusst von dem Begriff Gleichbehandlung ab, indem sie die unterschiedlichen Voraussetzungen von Menschen berücksichtigt und daraus Handlungsansätze entwickelt. Ein Beispiel: Gleichbehandlung bedeutet, dass alle Mitarbeiter:innen einen Parkplatz bekommen. Gleichberechtigung führt dazu, dass Personen mit körperlicher Beeinträchtigung einen Parkplatz direkt am Eingang bekommen.  
 
Inklusion bezieht sich auf eine gleichberechtige Teilhabe, ohne Zwang zur einseitigen Anpassung. Im Gegensatz zur Integration ist es für eine erfolgreiche Inklusion notwendig, auf eigene Privilegien zu verzichten, Barrieren sichtbar zu machen und den status quo in Frage zu stellen.

Ein umfassendes Diversitätsmanagement besteht nicht nur aus einzelnen Projekten, an denen marginalisierte Gruppen vereinzelt mitarbeiten, sondern betrachtet Strukturen und Prozesse eines Unternehmens. Dazu ist es notwendig, Vertrauen durch ehrliche Dialoge aufzubauen, verschiedene Perspektiven einzubeziehen und Unterdrückungssysteme zu beseitigen. Dadurch können Unterschiede als Lernressource angesehen und ein transformativer Wandel geschaffen werden.

In der zweiten Session beschäftigten wir uns mit dem Thema der Frauenförderung in Unternehmen.
Frauen sind in der Wirtschaft in Österreich längst noch nicht mit Männern gleichgestellt: der Gender Pay Gap, also der Lohnunterschied zwischen Frauen und Männern, lag 2023 bei 18.8%. Das ist der zweithöchste Wert in der Europäischen Union.  

Auch Führungspositionen werden nur zu 32.9% von Frauen besetzt, in Vorständen börsennotierter Unternehmen sind es nur 7.6%. Hinzu kommt, dass von allen Teilzeitbeschäftigen 78.1% weiblich sind – häufig unfreiwillig, da es in den meisten Fällen Frauen sind, die den Großteil der Betreuungspflichten übernehmen und in Elternkarenz gehen.

Verena Binder-Krieglstein, Head of Employee Experience und Lead bei Diversity@A1 stellte die Female Empowerment Strategie bei der A1 Telekom Austria Group vor und zeigte somit, wie Unternehmen das Thema Frauenförderung aktiv vorantreiben können.
Ein wichtiger Schlüssel, um eine Female Empowerment Strategie zu entwickeln, sei es laut Verena Binder-Krieglstein, die Motivation zu kennen: Punkte in ESG-Ratings können eine Rolle spielen, der Bedarf an Fachkräften oder auch Eigenmotivation, Frauen im Unternehmen zu fördern.  In diesem Zuge sollte man sich mit dem Status Quo auseinandersetzen: wo stehen wir im Unternehmen? Was wollen wir erreichen und warum?
Bei der A1 werde der Fokus darauf gelegt, mehr Frauen in ins Management zu bekommen und Frauen für technische Berufe zu begeistern. Um diese Ziele zu erreichen, habe es sich besonders bewährt, mittels Netzwerke, Workshops, Events und Initiativen Räume zu schaffen, in denen Frauen ihre Erfahrungen und Expertise austauschen können. Ein Beispiel ist das A1 Mintchanger:in Event, auf dem Frauen über ihre beruflichen Chancen und Hürden sprechen und sich gegenseitig empowern.

In der dritten Session ging es um das Thema Disability Awareness.
Fides Raffel, Head of Solutions & Training bei myAbility, betonte, dass es beim Umgang mit Menschen mit Behinderung wichtig ist, das soziale Modell von Behinderung heranzuziehen, auf das sich auch die UN-Behindertenrechtskonvention bezieht. Im Gegensatz zum medizinischen Modell verweist dieses darauf, dass Behinderungen erst durch Interaktionen zwischen Personen und Barrieren in ihrem Umfeld entstehen. Daher sei es keine individuelle, sondern eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, bestehende Barrieren abzubauen.
18.4% der Bevölkerung in Österreich haben eine Behinderung; dazu gehören neben Bewegungseinschränkungen u.a. auch Behinderungen beim Sehen, Hören, Lernen oder Sprechen. Die meisten Behinderungen sind somit nicht sichtbar. Unternehmen sollten diese große Zahl an Menschen mit Behinderungen entsprechend berücksichtigen. Inklusion bedeutet nicht, die Arbeitsbedingungen erst für Menschen mit Behinderung anzupassen, wenn sie sich bewerben, sondern Jobs von vornherein so zu gestalten, dass sie von jeder Person ausgeführt werden können.
Beim Kamingespräch erläuterte Ulrike Kienast-Salmhofer, JEDI-Beauftragte (Justice, Equity, Diversity & Inclusion) der UNIQA Insurance Group, wie ihr Unternehmen mit dem Thema Barrierefreiheit umgehe. Wesentliche Meilensteine waren u.a. ein DisAbility Performance Check, die Verabschiedung einer D&I Strategie sowie die Implementierung einer barrierefreien IT.
Elisabeth Prinz, DisAbility Trainerin bei myAbility, erzählte von ihren Erfahrungen mit ihrer Bewegungseinschränkung und zeigte, wie wichtig es ist, dass Menschen mit Behinderung ihren „sensing journey“ teilen können. Sie berichtete von dem häufigen Mythos, dass Menschen mit Behinderung weniger leistungsfähig seien. Daher sei es wichtig, bereits in Bewerbungsgesprächen den Fokus -wie bei Menschen ohne Behinderung- auf die Talente und Fähigkeiten zu legen und über besondere Bedürfnisse offen zu sprechen.

Die vierte Session stellte das Thema LGBTIQ+ Personen in der Arbeitswelt in den Fokus. Astrid G. Weinwurm-Wilhelm, Organisationsberaterin und Coach mit Schwerpunkt Diversity bei blickweisen und Präsidentin von Queer Business Women und Pride Biz Austria, gab Einblicke in die Situation von LGBTIQ+ Personen in der österreichischen Gesellschaft und Arbeitswelt.
LGBTIQ+ bezieht sich auf die Vielfalt der Geschlechter und sexuellen Orientierungen: Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender, Intergeschlechtlich und Queer, das Plus symbolisiert alle weiteren Geschlechtervariationen, -identitäten und sexuelle Orientierungen.
Weltweit sind zwischen 5 und 15% der Menschen nicht-heterosexuell, was in Österreich ca. 890.000 Menschen entspricht.
Das österreichische Gleichbehandlungsgesetz schützt LGBTIQ+ Personen beim Zugang zu Dienstleistungen und Gütern nicht. Das ist eine große Lücke im Diskriminierungsschutz, denn es ist somit rechtlich möglich, nicht heterosexuellen Personen den Zugang zum Restaurant oder eine Taxifahrt zu verweigern.
In der Arbeitswelt sind nicht heterosexuelle Menschen rechtlich vor Diskriminierung geschützt – trotzdem verschweigen ca. 70% von ihnen ihre sexuelle Orientierung. Astrid G. Weinwurm-Wilhelm betont, dass die sexuelle Orientierung ein großer Teil ein großer Teil der Persönlichkeit ist und sich deshalb auch im Arbeitsleben damit auseinandergesetzt werden muss. Wenn Personen das Gefühl haben, ihre sexuelle Orientierung verheimlichen zu müssen, bestehe die Gefahr, dass sie ihr volles Potenzial nicht einbringen können und in die soziale Isolation geraten, was wiederum zu Karrierenachteilen führen kann. Aus diesem Grund sollten Unternehmen Rahmenbedingungen schaffen, in denen die Identität und Orientierung von LGBTIQ+ Personen gesehen werden. Dazu gehören u.a. das Commitment des Top-Managements, die Verwendung der Pronomen in der Signatur, die Etablierung von Business Resource Groups und die öffentliche Unterstützung der Community, nicht nur im Pride Month.
Mit dabei bei der Peer Learning Group DEI waren: Bank für Tirol und Vorarlberg AG, Lenzing AG, Österreichische Lotterien, Oberbank AG, AGRANA Beteiligungs-AG, UNIQA, 3CON Anlagenbau GmbH, Palfinger AG, ACREDIA Versicherungs AG, Semperit AG, Österreichische Kontrollbank, ClimatePartner Austria GmbH, Kontron AG, EVN, Borealis AG und Vienna Insurance Group.

Wir bedanken uns bei den Expert:innen für den wertvollen Input und die Teilnehmer:innen für den spannenden Austausch!

 

Bei Fragen wenden Sie sich gerne an Lynn Neubert.

Lynn Neubert

Managerin Human Rights, Labour & Gender Equality, Participant Engagement